Die Kaiserstraße gestern und heute
Einleitung

Herbert Contzen
Herbert Contzen führt uns durch "seine" Kaiserstraße
Dieser Bericht ist eine "Konzeptschrift" über eine sehr persönlich gehaltene Führung in der "Geburtststraße" von Herbert Contzen. Er gab bei einem Spaziergang im Frühjahr 2023 durch die Kaiserstraße seine Erfahrungen, Erinnerungen aus der Kindheit und seine Meinung zu einigen Dingen kund.
Autor dieses Berichtes ist also Herbert Contzen
Ergänzende Anmerkungen von anderen Autoren sind entsprechend gekennzeichnet.
Bilder aus einem Album von Dr. Dieter Welty zum Thema Jugendstil in Kohlscheid, vermutlich aus 1980 einige Bilder aus dem Kohlscheid-Archiv des Heimatvereins sowie aus der Sammlung E. Hallmann runden den Bericht ab.
Kreisverkehr bis Spedition Körfer -rechte Seite
Der Start - wir stehen hier am neuen Kreisverkehr, der im Jahr 2021 fertig gestellt wurde. Er löste die T-Kreuzung Südstraße/Kaiserstraße ab.

Copyright: Geo Portal; Kaiserstraße vom Kreisverkehr Südstraße bis Ebertstraße

Blick auf die beiden für den Kreisverkehr 2021 abgerissenen Häuser in der Südstraße. Foto: E. Hallmann

Kaiserstraße / Südstraße; Kreisel kurz vor Freigabe, Foto: E. Hallmann
Der Kreisverkehr ist der Anfang der Markttangente, die mit zwei weiteren Kreisverkehren über die alte Kampfbahn Langenberg unterhalb des Marktes am abgerissenen Westkauf in die Oststraße mündet.
Logisch wäre es gewesen, man hätte sie als Verlängerung bis zur Oststraße "Kaiserstraße" genannt. Das war aber zu einfach und so schrieb der Bürgermeister eine Ausschreibung aus; die Bürger konnten Vorschläge einreichen.
Nach einigen Widerständen gegen die Politik wurde deren Beschluss zurückgenommen und nach Bürgervorschlägen hat sie jetzt den Namen "Op dr´Scheet" bekommen.
(EH: Op dr Scheet hieß ganz früher die Südstraße vom Markt bis zum Dreieck.)
Von 1905 bis 1917 fuhr die Tram Linie 29 von Wilsberg über die Kaiserstraße zum Markt.

Seit einigen Monaten haben der Verein Kohlscheider Bürger und der Heimatverein mit diesem wunderschönen alten Foto und einer Geschichtstafel dafür gesorgt, dass man auch an die alte Gaststätte „Am Dreieck“ erinnert wird.

Gaststätte "Dreieck"; abgerissen 2019
Beim Engels Schängchen durfte ich als kleiner Junge am hochheiligen Sonntag immer seitlich am Rütschen (kleines Fenster für den Straßenverkauf) mit einem Blechgefäß, dem Pingsgen einen Liter frisch gezapftes Bier für meinen Vater und Onkel nach Hause holen. Der Garten ging bis zum Haus Körfer, die heutige Garage der Firma Dohmen stand damals noch nicht.

Kaiserstraße / Südstraße; Foto: E. Hallmann
Die Firma Alfred Körfer fuhr mit ihren grünen LKW´s Gefahrengut. Die Fahrzeuge parkten auf dem gegenüberliegenden Gelände, wo heute sein Enkel das neue Haus Nr. 13 gebaut hat.
Gegenüber, also Haus 1-7 und Haus 9 waren noch nicht gebaut und diente in den 50er/60er Jahren als Parkplatz für die wenigen Fahrzeuge der oberen Kaiserstraße.
Hausnummer 1 - 11 - linke Seite
Die beiden Häuser wurden dann gebaut, im Haus 1-7 zog Helmut Klee mit seinem "Modehaus Kohlscheid Am Dreieck" ein und hatte bis in die 90er Jahre dort sein Geschäft. In dieser Zeit hat wohl mal jeder Kohlscheider einen Anzug dort gekauft. Bis zum vorigen Jahr hatte dann Elektro Langer sein Geschäft dort, bevor es in die Weststraße umzog. Im Oktober 2021 eröffnete Matthias Stockhausen ein Gesundheitszentrum, dass sich wohltuend von den üblichen "Muckibuden" unterscheidet.

Modehaus Klee am Dreieck

Kaiserstraße Nummer 1; Modehaus Klee

Haus Nr. 11 (auf Foto links mit braunemTor) war also lange Zeit auf der linken Seite das erste Haus der Kaiserstraße. Dort hatte Klempner Crumbach seine Firma. Die alten Kohlscheider Hausbesitzer haben seine Dienste wohl alle in Anspruch genommen, wenn Dachrinne oder dr Kandel kaputt waren. Der Sohn Franz-Josef ist leider viel zu früh verstorben. Er war einer der CAJler in St. Katharina und ein guter junger Lehrer.
Das Haus 17 kennt wohl jeder, der mal ein Taxi brauchte. Taxi Westermann hatte dort sein Domizil. Vorher wohnte dort Lehrer Gottfried Montag, Schulleiter der Volksschule Vorscheid in der Kircheichstraße,Gründer und erster Leiter der DPSG-Pfadfinder in Kämpchen. Sein Outfit immer nach Baden Paul, der 1907 die Pfadfinder gründete: mit Pfadfinderhut, Kluft natürlich in kurzer Hose.
Ebenfalls wohnte dort Frau Rouette, Hebamme in den 40er-50er Jahren. Frau Rouette hat z.B. meiner Mutter bei der Geburt von uns 5 Kinder, 4 Mädchen und einem Sohn, zur Seite gestanden; es war ja üblich die Kinder zuhause zur Welt zu bringen.

Kaiserstraße Hausnummer 17 ist das linke helle Haus
Hausnummer 14 - 36 - rechte Seite
Gegenüber auf der rechten Seite wohnte im Haus 18 der Fahrprüfer Krings vom TÜV in der Soers. Wir waren alle froh, wenn wir ihn nicht als strengen Prüfer erwischten. Ich hatte kein Glück, aber es war alles gut gegangen und ich bekam meinen Führerschein schon vor meinem 18. Geburtstag ausgestellt.

Kaiserstraße, Hausnummer 18; Foto: Dr. Dieter Welty 1988

Kaiserstraße, Hausnummer 24
Haus Nr. 24: nach dem 2. Weltkrieg gab es hier einen kleinen Tante Emma-Laden. Frau und Herr Bosten, er immer mit Hemd und Krawatte unter einem weißen fein gebügelten Kittel verkauften alles und man bekam Rabattmärkchen zum Einkleben in ein Sammelheft, welches man dann einlösen konnte. Von Oma bekamen wir die gefüllten Heftchen und durften den Betrag als Taschengeld behalten. Heute wohnt das Ehepaar Meyer in diesem Haus, Frau Meyer einigen sicherlich bekannt als Vorsitzende des neuen Vereins Kohlscheider Bürger.
EH: An dieser Stelle füge ich eine Bilderreihe zu den Häusern im Jugenstil ein. Die Häuser zeigen viele Blickfänge im Stil der damaligen Zeit. Sie wurden nach der Jahrhundertwende, also parallel zum Bau des Rathauses (1908) gebaut. Es sind die Häuser aus der Reihe Hausnummer 16 bis 32. Der Großteil wurde 1988 von Dr. Dieter Welty fotografiert.

Kaiserstraße, rotes Haus rechts Nummer 14 bis links Nummer 18; Foto: E Hallmann, 2025

Zeichnung von Martin Scholtes, der zahlreiche Zeichnungen in Kohlscheid fertigte.

Kaiserstraße 16; Foto: Dr. Dieter Welty, 1988

Kaiserstraße 16; Foto: Dr. Dieter Welty, 1988

Kaiserstraße 16; Foto: Dr. Dieter Welty, 1988

Kaiserstraße rechts 16, links 22

Kaiserstraße 18; Foto: Dr. Dieter Welty, 1988

Kaiserstraße 18; Foto: Dr. Dieter Welty, 1988

Kaiserstraße 20; Foto: Dr. Dieter Welty, 1988

Kaiserstraße 20; Foto: Dr. Dieter Welty, 1988


Kaiserstraße, Hausnummer 26; mit Gott erbaut; Foto E. Hallmann, 2025

Kaiserstraße, rechts Nr. 26, links Nr. 34

Kaiserstraße, rechts mit Erker 22 bis links 32
Hausnummer 17 – 47 - linke Seite

Kaiserstraße Hausnummer 17 ist das linke helle Haus
Hier standen zu meiner Kinderzeit nur die 3 Häuser 17-21. Die Parzelle daneben war nicht bebaut und diente Herrn Hansen, Haus 21, als Nutzgarten. Es führte ein schmaler Weg hinter die folgenden Häuser zu einem Gässchen, dass zum Feld führte, dazu später mehr.
Die Häuser 25-31 standen schon vor dem 2. Weltkrieg. Im Haus 27 wohnte der Gemeindekämmerer Franz Vohn und später meine Tante Maria.
Die Häuser 29-47 standen schon seit den 1920er Jahren, mit Ausnahme unseres Hauses, Nr. 37.
Das Haus 29 gehörte Herrn Dautzenberg, einem Beamten des EBV´s. Wir fühlten uns wohlbehütet, denn zur Miete wohnte dort auch der Kriminalkommissar Körfer.
Im Haus 31 wohnte Franz Offermanns, der mit seinem Bruder Matthias ein Putz- und Stuckateurgeschäft hatte. Neben dem Haus war der Zugang zum Verkauf der Materialien, die im Hof hergestellt wurden. Später wurde ein Haus angebaut und der Zugang zur Firma erfolgte durch das große Holztor.


Kaiserstraße Nr. 25 - 33

Hier fehlt ein Bild von Haus 37
Daneben die Parzelle gehörte dem Tuchlager Heinrich Backes aus der Friedrichstraße, die erst in den 70er das Haus Nr. 35 bauten, nachdem sie altersbedingt das Tuchlager geschlossen hatten. Bis dahin durfte mein Vater für unsere Großfamilie die Parzelle als Nutzgarten benutzen.
Nach dem Krieg war es ja üblich und auch erforderlich, dass man Selbstversorger war. Wir Kinder mussten natürlich tüchtig im Garten mit helfen.
Wir wohnten, und ich seit Geburt immer noch in Nr. 37. Mein Großonkel baute mit Ausbruch des 2. Weltkrieges 1939 das Haus in der Oma, Großtante und Großonkel, Onkel und Papa, Mama und 5 Kinder wohnten.
Heute spricht man ja immer vom Mehr-Generationen-Haus, das gab es schon damals, ohne dass es dafür dieses geschwollene Wort von heute gab.

Kaiserstraße links Nr. 33 bis Eckhaus zur Josef-Lambertz-Straße Nr. 47
Jetzt fehlt uns noch auf der rechten Seite vor der Kreuzung das Haus Nr. 32

Kaiserstraße, das weiße Haus ist Hausnummer 32, links Hausnummer 34
In meiner Kindheit befand sich in Nr 32 die Metzgerei Merzbach, die später vom Ehepaar Jansen übernommen wurde. Anton Merzbach, um 3 bis 5 Ecken noch mit mir verwandt, schlachtete noch im Schlachthaus hinter dem Haupthaus selbst.
Wo heute das linke Fenster ist, war ein Tor mit einem Gang zum Hof. Hier wurden die angelieferten Schweine durchgetrieben und dann im Schlachthaus geschlachtet und zu dem verarbeitet, was dann später in der Thekenauslage sich wiederfand. Man durfte schon mal zuschauen. Da habe ich wohl zum ersten Mal Blut gesehen.
Heute befindet sich hier das Architekturbüro Bonekamp.

Fleischermeister Anton Merzbach mit doppelreihiger Metzgerjacke in seinem Laden
Das Haus Nr. 34 wurde erst in den 70er Jahren gebaut.
Ebenso stand der große Mietblock in der Friedrichstraße noch nicht. Bis dahin wurden die Flächen vom Architekt Leo Siemons Senior, der auch Bauunternehmer war, als Fahrzeug- und Materialplatz genutzt. Vom Büro dahinter hat er immer Bauwilligen unser Haus mit dem damals vor Ort gebrannten Stein (Klinker) gezeigt, sozusagen als lebendes Muster. Herr Siemons argumentierte mit der Dauerhaftigkeit: "Fassadenanstriche müssen turnusmäßig erneuert werden."

Klinker, Kaiserstraße 37

Bürgermeisteramt bis Spielplatz - rechte Seite



Ja, jetzt stehen wir vor dem Rathaus der Gemeinde Kohlscheid. Hier war westlich, sozusagen straßentechnisch das Ende von Kohlscheid-Mitte; denn dann kam „et Feld“; kein Haus bis zur Kirche in Kämpchen. Es standen die beiden roten Backsteinhäuser rechts, das wars. Davor war ebenfalls ein Parkplatz, auf dem wir Kinder spielten, denn der Spielplatz Ecke Kaiserstraße / Ebertstraße kam erst später in den 60er Jahren.
Beim Bürgermeisteramt erinnere ich mich noch daran, dass zu Karneval, wenn der Zug vorbei zog, die Gemeinderatsmitglieder mit unserem Bürgermeister an den Fenstern des Ratssaales und auf dem kleinen Balkon standen und den vorbeiziehenden Narren zu jubelten.
Nach 1972, es erfolgte die kommunale Neugliederung, übernahm der Kreis das Gebäude und es wurde zum Gesundheitsamt des Kreises. Bis vor kurzem befand sich auch das Jobcenter mit einer Nebenstelle hier.
Nachdem vor einigen Jahren das Gesundheitsamt nicht mehr im Gebäude war, aber die Bushaltestelle der ASEAG danach benannt war, stellte ich den Antrag, die Haltestelle in „Altes Rathaus“ umzubenennen. Ebenso beantragte ich die Haltestelle in der Einsteinstraße in „Alte Post“ umzubenennen. Mein Gedanke war, durch die Umbenennung Altes in Erinnerung zu halten. Nach einer Fahrplanumstellung erfolgten die beiden Umbenennungen; ich war ein klein wenig Stolz, dass man dem Antrag gefolgt war.

Uhrenglocke, Rathaus Kohlscheid ; gegossen 1911 in Recklinghausen, Foto: Sonja Mattner. 2005

Rathaus, Uhrwerk gebaut von "Turmuhrenfabrik Bern. Vortmann, Recklinghausen", Foto: Sonja Mattner, 2005
Lange Zeit funktionierte die Turmuhr nicht. Seit 9. April 2020 schlägt die Glocke wieder halbstündlich. Eindringlich und unverwechselbar: der Glockenschlag der Turmuhr im Rathaus Kaiserstraße

Rathaussaal, Foto: Sonja Mattner, 2005
EH: Blick in den Sitzungssaal. Hier tagte der Gemeinderat Kohlscheid bis zum Dezember 1971
Dominierend an der Stirnseite des Sitzungssaals ist das Wandrelief der beiden Bergleute mit Pickhammer und Grubenlampe.
Seit langem suchen wir nach Informationen zur Entstehung. Wer kann hierzu etwas sagen?

Rathaussaal, Foto: Sonja Mattner, 2005
Nun habe ich auch ein kleines Rätsel für Sie parat, es gibt aber nichts zu gewinnen:
Wir stehen hier an der Kreuzung am Rathaus, es hat sich hier kürzlich etwas verändert, es geht nicht um das Rathaus, die Ampel und das TÜVSchild.
Richtig; das Zusatzschild Kaiser Wilhelm II unter dem Schild "Kaiserstraße" ist entfernt worden und nicht etwa gestohlen. Grund war der einstimmige Beschluss des Rates vom 22.11.22 mit der Begründung „Vor 100 Jahren begann der 1. Weltkrieg, der Millionen von Opfer forderte. Die Tatsache, dass Kaiser Wilhelm II. diesen Krieg nich t verhindert, sondern im Gegenteil aktiv zu dessen Ausbruch beigetragen habe,müsse als ein Versagen historischen Ausmaßes verurteilt werden. Aus diesem Grund „sind Ehrungen, wie der Heinweis unter dem Straßenschild Kaiserstraße, völlig unangebracht“. Mit diesem Wortlaut beantragte bereits 2014 der Arbeitskreis „Wege gegen das Vergessen“ die Entfernung des Zusatzschildes.

Herderstraße, Josef-Lambertz-Straße - linke Seite
Bevor wir nun der Kaiserstraße weiter folgen ein kleiner Abstecher ins „Feld“. (Josef-Lambertz-Straße). Wie vorher erwähnt, hatten wir ja bei Hansen von dem kleinen Gässchen gesprochen, was hinter die Häuser führte. Wir sehen, dass es heute hier eine Stichstraße gibt, was zunächst ausschließlich dafür gedacht war, dass die Anwohner der Kaiserstr.25-45 hinter ihren Häusern Garagen für ihre Fahrzeuge bauen konnten und somit eine Entlastung der sogenannten Laternenparker in der Kaiserstraße sich ergeben sollte. Der Bebauungsplan wurde geändert, so stehen auch einige Häuser in dieser Stichstraße. Auch die Häuser bis zur Herderstraße gab es noch nicht.

Herderstraße hinter Kaiserstraße
Die heutige Herderstraße mit dem Parkplatz hinter der Stichstraße gab es zu meiner Kindheit nicht. Es gab das schmale Gässchen von der Südstraße her, es nannte sich Badensgässchen. Daraus wurde die Herderstraße.
Die unbebaute Fläche hinter den Häusern in der Kaiserstraße war für uns Kinder das Feld für die Windvogel Saison. Wenn das Feld abgeerntet war, gingen wir Kinder immer hin und ließen im Herbst unsere selbstgemachten Windvögel auf dem Stoppelfeld steigen. Meine Schwester Maria und Nachbarkind Hans-Armin Bücken waren die Spezialisten im Windvogelbau. Bei Hilgers, heute Pütz kauften wir buntes Transparentpapier und dünne Kordel, bei Tapeten Geschäft Werker, heute Katja´s Kaffee, kleine Vietelstäbchen und klebten mit selbst angerührtem Kartoffelmehl als Kleber den Windvogel.
Später als die Josef-Lambertz-Straße bis zur Kirche in Kämpchen erstellt wurde, benannt nach dem 1. Bürgermeister der Gemeinde Kohlscheid. gab es zunächst zwei größere Inseln. An der ersten befand sich die vorher erwähnte Bushaltestelle nach Aachen.
Unter dieser Insel hat sich im Krieg ein Fluchtbunker befunden. Bei Bombenalarm konnten die Bewohner der Kaiserstraße durch ihre Keller von Haus zu Haus diesen Bunker erreichen. Die zugemauerten Durchbrüche konnte man in einzelnen Häusern noch erahnen.
In den 50er-60er Jahren gab es immer wieder noch Einstürze, bis wohl irgendwann der alte Bunker fachgerecht befüllt wurde.

Bürgermeisteramt Kohlscheid; ca. 1950er Jahre, in der Mitte der Josef- Lambertz Straße die Verkehrsinsel
Hausnummer 51 - 67 - linke Seite
Die vordere Fläche an der heutigen Josef-Lambertz-Straße, Kaiserstraße 51, war für uns Kinder Fußball- und Bolzplatz. Heute steht hier das große Haus mit Facharztpraxen und einem Anwaltsbüro.

Josef-Lambertz-Straße 2 und 4, rechts Kaiserstraße 51, Foto E. Hallmann

Grundstück mit der Hausnummer 51, Foto: Archiv Heimatverein
Jetzt folgen wieder alte Häuser aus den Jahren kurz nach 1900.
Im ersten wohnte der Baumeister der Gemeinde Kohlscheid, Peters.
Im Haus 59 wohnten meine Großeltern mütterlicherseits Leonhard Fohn. In deren Garten stand ein großer Schuppen, man kann sagen, hier war vor über 75 Jahren der Ursprung der Firma "KFW, Kornel Fohn Werkzeuge", heute noch in der Josef-Lambertz-Straße 6 ansässig. Wieso kann ich davon berichten? Der Gründer Kornel Fohn war mein Patenonkel.


Villa Vennebusch, Kaiserstraße 67a, Ecke Zellerstraße
Robert Vennebusch war Gesellschafter der Gießerei Kohlscheid. 1945 kam er aus der DDR und wurde Geschäftsführer. Vermutlich wurde die Villa zu diesem Zeitpunkt gebaut. Die hohe Mauer verdeckte immer schon "einen Blick" auf das Haus und das Anwesen.

Hausnummer 64 – 72 - rechte Seite
Die acht Häuser dieses Abschnitts

Spielplatz Ebertstraße / Kaiserstraße, das Haus links gehört zur Ebertstraße; Foto E. Hallmann, 2025

Foto E Hallmann 2025

Foto Hubert Grouls 1988

Gegenüber auf der rechten Seite entstand in den 1960er Jahren der Spielplatz, der immer noch von jungen Familien stark angenommen wird. Man muss nur jährlich die Stadt daran erinnern, dass die Hecke an der Kaiserstraße geschnitten werden muss, weil sie bis zum Fahrradweg wuchert.
In einem der vier Häuser 64 bis 72 wohnte mein Onkel Heinrich, genannt "Flötenheini". Er spielte in der Bergmannskapelle die Flöte und Piccoloflöte. Die Kapelle spielte lange Zeit beim Aachener Reitturnier. Onkel Heinrich spielte natürlich mit. Ich durfte von der Schule aus rüber zur Bergwerksschule, denn von dort fuhr die graue Netta (Mannschaftsbus EBV) zum Reitturnier. Ich durfte mitfahren.
Unmittelbar am Musikpavillon, also am Einritt, etwas höher als die Zuschauer, da durfte ich stehen. Alle Reiter und Nationen kamen an mir vorbei. und ich habe sie kennen gelernt. Ich war mit den Reitern quasi auf Augenhöhe.
Bis heute ist der Besuch des Aachener Retturniers für meine Geschwister und mich der wesentliche Jahrestreff.
Bahnstrecke Zellerstraße
Die Grube Neulaurweg bekam am 17.1.1853 einen Eisenbahnanschluss. Et Zößje fuhr ab 27.2.1853 zur Grube Kämpchen, die am 27.2.1853 in Betrieb genommen wurde und 1895 erfolgte die Verlängerung der Strecke über Würselen nach Stolberg. Die Stilllegung der Strecke erfolgte im August 1958, im Juli 1966 wurden die Schienen entfernt und zu einer Seite entstand die Zellerstraße zur Anderen die Straße Alte Bahn.
(Anmerkungen EH: Et Zösje wurde in anderen Aufschreibungen auch der kleine Zug, der von der Grube auf die Halde fuhr, genannt.
Trude Robrok, langjähriges Mitglied im Beirat des Heimtvereins Kohlscheid, berichtete mir, dass auf dem Foto die Frau, die rechts vor dem Hauseingang steht und die Überfahrt der Lokomotive betrachtet, ihre Mutter ist.)

Kaiserstraße Kohlscheid; Lokomotive Bahnstrecke Ko bis Würselen, Fotograf unbekannt

Erklärtafel zum Bahnverkehr

Auf dem Feld hinter den Häusern Kaiserstraße ist in der Zellerstraße der Sportplatz des KSV, Foto: E Hallmann
EH: Text der Tafel:
Die linke Aufnahme zeigt die Kaiserstraße mit Blick in Richtung Südstraße um das Jahr 1950. Hier im Bereich der heutigen Straßeneinmündung Zellerstraße überquerte seit dem 27 Januar 1853 die Eisenbahn für den Zechenanschluss der Grube Kämpchen die Kaiserstraße. Im Jahre 1895 wurde die Strecke über Würselen nach Stolberg verlängert.
Die Stilllegung des Streckenabschnitts erfolgte im August 1958. Im Juli 1966 wurden die Schienen entfernt und exakt auf dem ehemaligen Bahndamm entstand die heutige Zeller Straße mit den Neubauten der Hauptschule und der Schwimmhalle.
Die neuere Aufnahme zeigt den heutigen Bereich der früheren Eisenbahnüberquerung an der Kaiserstraße / Ecke Zellerstraße.
Hausnummer 69 - 87 - linke Seite

Eckhaus Zellerstraße / Kaisertstraße 69

Kaiserstraße Häuser 69 bis 83

Kaiserstraße 73, Aufnahme von 1979, Foto: Archiv Heimatverein
Hausnummer 74 – 86 -rechte Seite

rechts Haus Nummer 74 bis links 86a

Haus 86a, Foto: Heinrich Murawski, Winter 19??

Die Fabrikhallen der Gießerei lagen hinter den Häusern 74 bis 86b, also seitlich des Bahndamms, Foto: Archiv Heimatverein

Josef Rappen errichtete 1910 an der Kaiserstraße 86 eine Gießerei, 1912 arbeiteten dort bereits 20 Leute, 1927 in Gießerei Kohlscheid umbenannt, anschließend von Vennebusch dessen Villa Haus Nr. 67 wir gegenüber sehen, übernommen. Heute gehört die GIKO zur Schmolz & Bickenbach-Gruppe; sie wurde 19.. stillgelegt. Eine Zeit lang waren die Büroräume noch besetzt, bevor die letzten Mitarbeiter nach Düsseldorf mussten.
Mehr zur Gießerei in der Kaiserstraße im Bericht der Geschichtsfreunde-Kohlscheid
Hausnummer 86 Aseag - rechte Seite
Auf dem ASEAG-Gelände, heute Enwor, wurde Anfang 1900 ein Elektrizitätswerk erbaut. Ein Abzweig der Straßenbahnschiene führte in das Gelände wo heute die E-Ladestationen sind, die Straßenbahn fuhr später nicht mehr zum Markt sondern nur bis hier.
Noch eine Geschichte zu diesem Gebäudeteil. Hier hinten rechts war ein kleiner Raum. Samstags konnte man hier bei Herrn Arnoldi den Streifen für die Wochenkarte für die Busfahrt zur Schule nach Aachen erwerben: perforierter selbstklebender Streifen auf dem er dann hochamtlich den Stempel mit der gültigen KW/Jahreszahl setzte.

Eingänge Gießerei und Aseag

Hausnummer 101 Casino - linke Seite
Ich kann mich noch erinnern, dass in den 1950er/1960er Jahren in etwa auf dem Gelände der Casinostraße die Eheleute Kuivenhoven eine Gärtnerei betrieben bevor sie später nach Pannesheide umzogen.
Gegenüber befindet sich in der früher wirklich schönen, heute verwahrlosten Parkanlage das Casino Laurweg wo seit den 1850er Jahren die Grube Neulaurweg gelegen war.
1896 wird beim Steuerausschuss der Gemeinde „der Vorsteher des Casinos“ als Bier- und Weinwirt geführt. Ein genaues Datum zum Baujahr des Casinos gibt es wohl nicht. 1905 wird dem Grubenaufseher Heinrich Klein eine Konzession erteilt.
Der EBV führte das Casino und setzte für sich Geschäftsführer ein.
1968 wurde es Heinz Kopppelkamp; warum erwähne ich das an dieser Stelle: Der Beamtenbund des EBV und der MGV Männergesangverein Kohlscheid feierten jeweils zu Karneval Samstags, Sonntags und Rosenmontag mit großen Sitzungen. Auch unsere Familie war dabei. Herr Koppelkamp stand dann immer mit lang gezogenem Gesicht und tot ernster Miene an der Theke, er hatte wohl Angst um sein schönes Restaurant.
Ansonsten gingen in den Wochen die „Beamten“ des EBV Mittags dort essen. Die „bessere Gesellschaft“ Kohlscheids tat dies entweder Samstagsabend oder Sonntagmittag.
In der Gästeliste des Casinos trugen sich auch einige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ein, die in der Belle Etage übernachteten: Bundeskanzler Helmut Schmidt, Johannes Rau, damals Ministerpräsident von NRW, Regierungspräsident Franz Antwerpes, er war wohl öfters zu Gast, ob des guten Weinkellers von Herrn Koppelkamp und Gerhard Schröder, damals noch Ministerpräsident von Niedersachsen -hier sagt man, dass er das Zimmer in der Belle Etage wohl nur zum Wechseln seines Hemdes benutzt hat, geschlafen habe er wohl in Aachen.
Der EBV änderte bezüglich des Casinos seine Strategie und setzte Pächter ein.
Seit Ende der 1990er Jahre hinterlässt das Casino Laurweg einen trostlosen Zustand. Hoffentlich geschieht hier bald was damit die Kaiserstraße in diesem Bereich ihrem Namen kaiserlich gerecht wird. (Anmerkung EH: Herberts Beschreibung über den Zustand ist zum Stand 2022)


Anmerkung EH: Die Bilder links zeigen den Zustand von Mai 2020.
Fotos: links: M. Heins, rechts: E. Hallmann,
Bilder unten: Die Wohnbaugesellschaft Heins errichtete hinter dem Casino die zwei Neubauten mit insgesamt 75 Wohnungen für ältere Menschen in allen Lebensphasen. Fotos: E. Hallmann 2025




Hausnummer 88 - 94 -rechte Seite
Die Häuser Nr 88-94 wurden Beamtenhäuser genannt. Hier wohnten die höheren Angestellten, die Außertariflichen des EBV. Der EBV nannte sie Beamte.

Text: Bild von der heutigen Rehmannstraße auf die Kaiserstraße vor 1910. Im Hintergrund das zu Beginn des Jahrhunderts errichtete Elektrizitätswerk; Foto Kalenderblatt Heimatverein Kohlscheid

Hausnummern 88 - 94; Foto: E Hallmann 2025
Hausnummer 98 - 100, ehem. Grubengelände Laurweg - rechte Seite
1908 entstand die Grubenanlage Laurweg; dort fuhren die Bergleute bis 1960 ein. Seit 1950 arbeitete Laurweg nur noch als Verbundbergwerk Gouley/Laurweg. Nach dem Krieg um 1949 arbeiteten hier über 2.500 Bergleute. Am 31. März 1969 wird auf Gouley der letzte Förderwagen gezogen; damit endet der Bergbau an der Wurm.
Hier befand sich auch die Brikettfabrik. Sie verursachte nicht nur einen faulen Geruch sondern auch viel Staub. Bei Wind aus Richtung Holland war es so, wenn bei uns die Wäsche auf der Leine hing, musste man schnell sein, diese reinzuholen, sonst konnte sie wieder gewaschen werden.
(EH: lesenswert ist ein Aufsatz von der langjährigen Vorsitzenden des Heimatvereins und des Arbeitskreises für Heimatkunde, Karin Busch, zu Laurweg)

Brikettfabrik und Grube Laurweg; Fotograf unbekannt, Archiv Heimatverein

Eingang zur Grube Laurweg von der Kaiserstraße aus; Fotograf unbekannt, Archiv Heimatverein

Grube Laurweg, rechts Depot; Fotograf unbekannt, Archiv Heimatverein
Hausnummer 100, TPH - rechte Seite

Diese beiden Loren stehen als Erinnerung an Laurweg an der Zugangsstraße für den hinteren Bereich des TPH und des Heizkraftwerks; Foto: unbekannt
Die ab 1972 neue Stadt Herzogenrath baute zukunftsweisend den TPH, den Technologie Park Herzogenrath.
Hier siedelten sich bis heute zu junge Unternehmen aus dem Bereich der RWTH an. Auch große Firmen wie Aixtron, Ericsson und Headacustic fanden hier ihren Standort.
Wenn man so will gibt es auch Olympiasieger im TPH: es gibt ein kleine Firma die für die deutschen Bobfahrer ein Kristall für die Behandlung der Kufen herstellt.
Ebenfalls befindet sich für die Firmenmitarbeiter ein Kindergarten im Gelände, hier sind die TPH-Hasen zuhause.
Einige Ansichten von der Kaiserstraße her. Eine imposanten Eindruck macht das gesamte Areal wenn man von der Halde aus auf die Roermonder Straße und in die Kaiserstraße blickt.



Häuser 103 und 105 - linke Seite

Kaiserstraße 103
Hier fehlt ein Bild von 105
Herbert: Gibt es hierüber etwas zu berichten?
Hausnummer 131, Depot - linke Seite
Das Straßenbahndepot wurde um 1902 erbaut. Später wurde es in ein Lebensmittelgeschäft Interkauf umgewandelt. Auf dem heutigen Parkplatz befand sich eine Drehscheibe, da fuhren die Straßenbahnen drauf wurden dann gedreht und fuhren dann wieder ins Gebäude und konnten dann zur Roermonder Straße das Depot wieder verlassen.
Heute befindet sich der EDEKA dort. Im vorigen Jahr wurde hier tüchtig innen und außen umgebaut. Wenn man auch im Inneren mit Bildern an das Straßenbahndepot erinnern will, finde ich es schade, dass man von außen die alte Architektur komplett verkleidet hat.
EH: Nachträglicher Einschub von Karin Busch:
STRASSENBAHN-DEPOT
Im Jahre 1902 begann in Kohlscheid der „Kleinbahn-Betrieb“. Nach der Strecke Aachen-Laurensberg-Richterich-Kohlscheid wurde anschließend die Strecke Kohlscheid-Kirchrath-Herzogenrath eröffnet. Dazu errichtete man in Kohlscheid, dem Betriebsmittelpunkt, ein Elektrizitätswerk. hier an dieser Stelle ein Depot für die Fahrzeuge. Der Transport der Steinkohlen zwischen den Gruben Prick und Voccart nach Laurweg wurde ab 1902 ebenfalls mit der Kleinbahn durchgeführt. Drei Güterzüge verkehrten auf der Strecke Kohlscheid-Pannesheide-Kirchrath, sowie auch von Laurweg nach Aachen und lösten die Pferde-Eisenbahn ab. Am 24.7.1905 wurde die Strecke zum Kohlscheider Markt eingerichtet, lag aber ab 1916 still und wurde 1922 abgebaut. Später kamen die Strecken Richterich-Horbach, Herzogenrath-Merkstein sowie die Verlängerung nach Aachen hinzu. Die Linien-Nummern wurden bei einer Reform 1933 geändert: So hieß die Strecke von Aachen nach Herzogenrath-Merkstein über Kohlscheid nun „Linie 16“.
Im Jahre 1942 entstand aus REKA und AKG die ASEAG (Aachener Straßenbahn- und Energie-Versorgungs-AG).
Am 23. November 1959 wurden die Linien H, 16 und 16A auf Omnibus-Betrieb umgestellt. Die ASEAG errichtete später in Aachen einen neuen Betriebshof für die Fahrzeuge.
Das hiesige Depot wird seit 1979 als Supermarkt genutzt.




Hausnummer 133 Reifen - linke Seite
Drehen wir uns noch einmal um und sehen, dass auf dem Depotgelände auf der Ecke u.a. ein Reifendienst, der TÜV und eine neue Autowaschanlage sich befindet.

Roermonder Straße, Wirtschaft Heins

Gaststätte Heins, Roermonder Straße; Foto: Sammlung Heino Heins
Am Ende der Kaiserstraße Ecke Roermonder Straße/Wilsberger Straße befand sich die Gaststätte des Gründers Hubert Heins Das Gebäude wurde 1902 gebaut
Die Gaststätte hatte eine Holzkegelbahn auf der ich als Junge für wenig Geld bei einem Damenclub die Kegel aufsetzte.
Die Gaststätte stand seit Jahrzehnten leer, auf der Kegelbahn tanzten nur noch Mäuse und Ratten. Es war am Eingang unserer Stadt ein Schandfleck. Anfang diesen Jahres (2022) wurde das Gebäude endlich abgerissen. Sicherlich wird jetzt von den Nachfolgern des Gründers Hubert Heins, dem Architekturbüro Heins etwas Schönes gebaut, das gilt auch für das Casino, wo das Büro wohl auch verantwortlich ist.
Schlußbetrachtung
Jetzt haben wir knapp einen Kilometer zurückgelegt für den man normal vielleicht 15 Minuten benötigt. Heute brauchten wir ca. 1,5 bis 2 Stunden. Wir haben die Häuser betrachtet, etwas zu den Menschen, die in der Kaiserstraße lebten und viel über 170 Jahre Geschichte der Kaiserstraße in Kohlscheid gehört.
Ich danke für Ihre / Eure Aufmerksamkeit.
(EH Zum Abschluß noch ein Übersichtsbild)

EH:Originaltext vom Kalenderblatt des Heimatvereins:
Dank und Quellen bzw. Urheberrechte:
- Bericht Casino
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