Mailehenlied, Jongespääl und andere Maibräuche in Kohlscheid
Vorbemerkung
Wir wünschen viel Spaß und Erkenntnisse beim Lesen und Sehen.
Der Mailehenbrauch
Der Ursprung des Mailehenliedes ist ungewiss. Es stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert und war Teil des Mailehenbrauches. Das Lied ist in der niederdeutschen Sprache verfasst, die bis in das 17. Jahrhundert auch in der hiesigen Region verbreitet war.
Über den Inhalt des Liedes
Der Originaltext
Dat ech dech Levche dynne Mai vergoaß
Das Textblatt des Mailehn-Lieds in seiner niederdeutschen Fassung und Weise, herausgegeben von Gerhard Merkelbach in Kohlscheid zum Preis von 10 Pfg. finden Sie hier
Wie die Weidener Jungen ihre Mädchen heute ausrufen, haben wir hier
Das Lehen (Die Leihgabe)
Das Mädchen mit dem höchsten Gebot wurde Maikönigin, der dazugehörige junge Mann Maikönig. Diese beiden führten den Maitanz an, gefolgt von den übrigen Paaren.
Die erwählten jungen Mädchen hatten sich bei den jungen Männern mit einer Spende – oft Eier- zu bedanken. Den Mädchen, die nichts oder zu wenig gaben wurde ein Sack Sägemehl vor die Tür geschüttet.
Die Wahl des Maikönigs
Die Junggesellen der einzelnen Ortsteile trafen sich zur Bestimmung des Maikönigs in ihren Gaststätten. Mit Hilfe von Spielkarten ermittelten sie den Maikönig. Es wurde derjenige, der das Herz-As zog.
Wenn der so ermittelte Maikönig sich das Amt nicht zutraute, konnte er es dem von ihm bestimmten Vizekönig übertragen.
Dem Maikönig musste sofort seinen Hofstaat benennen. Der bestand aus dem Fahnenschwenker, dem Pritschenmeister und dem Krugträger.
Der Pritschenmeister war als Zeremonienmeister für die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig, der Krugträger überwachte den Alkoholkosum, wobei er aus dem von ihm mitgeführten Krug anfangs sehr sparsam, später immer großzügiger ausschenkte.
Zusammen mit den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft bildeten sie das sogenannte „Jongespääl“.
Es ist zu vermuten, dass in dieser Versammlung der Maikönig seine Maikönigin bestimmte und auch die übrigen Maipaare zusammengestellt wurden.
Das Ausrufen der Mädchen

Foto: Eihmer, Maisingen in der Südstraße vor Lebensmittel Schillings, 1955

Foto: Eihmer, Maisingen mit Baum und Bütte zum Sammeln der Eier, Südstraße vor rechts Fahrrad Eichenbaum, 1955
Die ausgerufenen Mädchen, oder besser deren Väter, honorierten dies mit Spenden, in der Hauptsache in Form von Geld.
Der Hofstaat hatte die Aufgabe, die Vorbereitungen für den Maiball zu treffen, so die Beschaffung eines Tanzbodens, der Musik und der festlichen Bekleidung für die Mitglieder des Jongespääls.
Am Kirmessonntag trafen die Jongespääle der einzelnen Ortsteile ,oft 7 oder 8, nach dem Hochamt vor dem Kapellepoul ( eine Art Teich) auf dem Marktplatz, um auf ihre Mädchen zu warten.
Die jungen Männer waren festlich gekleidet mit Schulterschärpen und Blumen am Hut, König und Vizekönig trugen einen goldenen bezw. silbernen Lorbeerkranz um den Hut. Die aus der Kirche kommenden Mädchen wurden von den Maijungen an sich herangezogen. Dem Maikönig war seine Maikönigin bereits zugeführt worden.
Es liegt nahe zu vermuten, dass die jeweiligen Mädchen vorher wussten, dass sie herangezogen werden sollten. Schließlich mussten sie ja Gelegenheit haben, sich ein Festkleid zu beschaffen. Außerdem war die Zusammensetzung der Maipaare bereits ausgerufen worden.
Der Festzug
König und Königin folgten dem Fahnenschwenker, der seine Fahne möglichst kunstvoll und elegant schwenken musste.

Maijungen Berensberg Rumpen 1956

Maijungen Umzug Kohlscheid 1948

Fahnenschwenker Heins Schaffrath Vorscheid 1948

Fahnenschwenker 1958

Maijungen Pannesheide in Luxus Coupé

Maijungen mit ihren Mädchen, neben Kleinbahn, Roermonder Straße, 1952,

Maifeier Berensberg - Rumpen, 1960 im Paulinenwäldchen

Maijungen-Klinkheide-1950-oder-1951

Maijungen Klinkheide, vor Goertz, 1937

Maijungen Kohlscheid Süd, vor Kirche Kämpchen, 1951

Maijungen Bank, Roermonder Straße, vor Hotel Zur Flotte
Die Feierlichkeiten dauerten drei Tage.
Die politische Dimension
So spricht ein Artikel im Westdeutschen Beobachter vom 28.April 1936 im Pathos des damaligen Sprachgebrauchs vom „hoffnungsvoll Liebenden, der in zaghaftem Werben an das Fenster des schlafenden Schätzleins klopft, das züchtig verschlossen war und blieb“.
Oder: „ Da klopfte zum ersten Male das junge Herz in junger verschwiegener Liebe zum blondhaarigen Töchterlein des Nachbarn“. Natürlich musste die Nachbarstochter blond sein!
Weiter im Zeitungsartikel: „Gerade der nationalsozialistische Staat hat sich die Pflege und Erhaltung alter Sitten und Volksbräuche zur Aufgabe gemacht….“.
Die Bräuche wurden im Sinne der nationalsozialistische Ideologie interpretiert. Es wird auf die Feier des Frühlingseinzugs bei den Germanen zurückgegriffen. Das Maifest wird „bei der nordischen Rasse“ mit dem Fest der Vermählung der germanischen Götter Wotan und Freya in Verbindung gebracht. Der Maibaum wird als Überbleibsel des heidnischen Glaubens angesehen, der das Symbol der Fruchtbarkeit darstellen sollte.
Die Verkümmerung des Brauches in Kohlscheid
Laut der Aussage eines Zeitzeugen endeten die Maibälle in Kohlscheid in den 1950er Jahren. Ein bereits im Konzerthaus Harff organisierter Ball konnte nicht stattfinden, weil die Maigesellschaft finanziell nicht in der Lage war, die Forderung der GEMA zu erfüllen.
Einer der letzten Kohlscheider Maibälle hat in dem für gehobene Veranstaltungen bekannten Casino Laurweg stattgefunden, wofür die Kohlscheider Maijungen von den anderen Maigesellschaften als „de Scheeter Heere“ oder „de Nackse“ (die Angeber) bezeichnet wurden.

Der Maibaum wird gesetzt, Markt, 2012
Was es auch noch im Mai gab
Ebenso war es in christlichen Familien üblich, Ende April in der Wohnung einen Marienaltar auf zu bauen. Vor diesem Altar konnte dann im Marienmonat Mai gebetet werden.
Der vollständige Liedtext Version Kohlscheider Volksverein
Köimt sech dann d’r Mai, d’r gnöigleche Mai
„Wo well’ch mynne Mei met Loaste planze?
„Ich hann ä Längche met Gäisch gesienet
Die Übersetzung
Mailied als Wechselgesang
(Das Mailied aus bisher unbekannter Quelle. Wer hierzu etwas weiß, bitte melden. )
Schlußbetrachtung
Vergleichen wir die alten Gepflogenheiten, Abläufe und Bräuche mit unserer heutigen Zeit: Was ist geblieben, wo stehen wir heute in unserer Gesellschaft? Nehmen wir uns Zeit, gemeinsam im Verein mit Freunden einen Brauch zu pflegen?
Über die Autorin
Quellen:
- Sistemich; Sammlung Brauchtum
- Westdeutscher Beobachter; 28.4.1938
- Echo der Gegenwart April 1933
- Bilder aus Privatsammlungen, die dem Heimatverein Kohlscheid 1932, e.V. übergeben wurden (c) Heimatverein Kohlscheid
- Bilder von Foto Eihmer, aus dem Ausschuß zu dem Film "Kohlscheid 1955", (c) Karl Schlebusch
Dank
an Familien Voss, Doris Westermann, Ruth Brauers und die Serviceabteilung der Stadt Würselen für musikalische Informationen
an den Heimatverein Kohlscheid für die Bilder aus dem Archiv
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