Blücherplatz und Ehrenmal
zwei Kohlscheider Plätze und besondere Häuser
Vorwort
Unsere Spiele auf dem Blücherplatz waren: Verstecken, Nachlaufen, Figurendrehen, Rollerfahren, Rollschuhfahren, Fußballspielen, Kreiselpeitschen, eine Welt bauen mit Wiking Autos, mit dem Vertreter, der Hefe Jungen besuchte mitfahren im schönsten Auto – einem Citroën DS 19 - wegen der Hydraulik, unter der Treppe im Haus Thea Schroiff mit den Jungens der Familie Mohr UBoot spielen, im Gartenhaus des Schusters Bock die Erst-Erfahrungen, wie Rauchen und…;
Kurzer Abriß der Entwicklung
Dank der weitblickenden Gemeindevertreter unter der Leitung von Bürgermeister Josef Lambertz wurden die Grundstücke auf dem Laurwegsfeld durch Kauf und Tausch für die Gemeinde und Privatbesitz entlang der neuen Straßen geordnet.
1908/09 entstanden das Bürgermeisteramt und die Schule Kohlscheid Mitte. 1905 wurden die Kaiserstraße und 1909 die heutige Ebertstraße angelegt. Im Dezember 1912 lag der Bebauungsplan für das Laurwegsfeld vor.
Die Straßen
zum Blücherplatz: Das Dreieck zwischen den Straßen Einsteinstraße, Am Ehrenmal und gegenüber der Post; im Volksmund Blücherplatz genannt, ab 1972 kein Name mehr
zu Am Ehrenmal: Planung 1930, Ausbau 1933, Verbindung Ebert- bis Einsteinstraße = Roonstraße, Verbindung Ebert- bis Friedrichstraße = Blücherstraße, ab 1972 einheitlich Am Ehrenmal
zur Ebertstraße: Bau 1909,ab 1909 Bismarckstraße, ab 1946 Ebertstraße
zum Platz des heutigen Ehrenmals: seit 1912 reserviert für öffentliche Bedürfnisse, ab 1915 Überlegungen für Ehrenmal, ab 1933 Adolf - Hitler - Platz, 30.8.1936 Grunsteinlegung für Ehrenmal, 1945 Wegnahme der NS Symbole von der Mauer und Veränderung der Aufschrift von "Euer Tod ist unser Leben" in " Die Toten mahnen Nie wieder Krieg", 1962 Anbringung des Kreuzes auf der linken Seite der Mauer.
Der Blücherplatz
1959 errichtete die Gemeinde auf dem Blücherplatz eine Normaluhr, die aber nach der kommunalen Neugliederung demontiert wurde.
1985 entwickelte sich eine Initiative hier dem ehemaligen hiesigen Bergbau, der über 400 Jahre den Kohlscheidern Arbeit und Brot gab, ein Erinnerungszeichen zu setzen. Aber die Bemühungen blieben in den Anfängen stecken. Bardenberg, Würselen, Alsdorf und Kerkrade zeigten sich auf diesem Gebiete wesentlich aufgeschlossener.
Tagebruch vor der Post
2011 gab es wieder einen Tagebruch. Nach der Suche nach Blindgängern aus dem 2. Weltkrieg wurde dann der Schacht aufgebohrt und komplett mit einem Spezialbeton verfüllt.
Kleiner Rundgang im Gebiet
1914 wird eine Betriebsstätte für das Bauunternehmen Wilbertz & Co. an der Ecke Schillerstraße/Moltkestraße genehmigt. Ab 1937 hat dann die Firma Peter Jungen hier Sitz und Lager. Bereits 1883 gründete der Bergmann Josef Jungen, Südstraße 66, einen Hefehandel. Die interessante Geschichte ist im Kohlscheider Straßenspiegel Seite 144 zu lesen.
1929, gebaut von Josef Bücken.
Außergewöhnlich ist das durch andersfarbige Klinker gestaltete Schriftband auf beiden Frontseiten.
Das Lokal hatte einen geprüften Billardtisch. Hier wurden Meisterschaften ausgetragen. Der Tisch existiert heute noch in der Gaststätte "Zum Backhaus".
Das Postgebäude
Den Vorplatz und die Straße legten die Straßenbaufirma Gebr. Reuber an. Aus dieser Quelle ist bekannt, dass dieses Postgebäude das erste war, welches nach dem Krieg für die Post in Deutschland gebaut wurde.
Die Volksbücherei
EH: Anscheinend klappte das nicht, denn 1941 wurde eine Volksbücherei in dem Haus Ecke Am Ehrenmal / Friedrichstraße (Hausnummer 8) errichtet. Aus Gemeindeberichten geht die Summe zur Errichtung von 7.400 Mark hervor.
Nach dem Krieg zog die Bücherei um. Wohin genau, konnte noch nicht ermittelt werden. (vermutlich in das Haus Südstraße 11) Wer weiß etwas darüber? Bitte über Kontakt melden.
Das Ehrenmal
Die Verwendung des freien Feldes
1912 Die Baukommission der Gemeinde beschloß, für den Platz im Laurwegsfeld an der Ebertstraße die Nutzung als Jugendspielplatz.
1913 Der KBC spielt auf dem von der Gemeinde zugewiesenen gemeindeeigenen Jugendspielplatz an der Bismarckstraße. Ab Januar 1914 ist die Wiese Remy (Ecke Südstraße/Rolandstra¬ße) der neue Fußballplatz.
Nov. 1927 Nach dem Plan des Bauamtes soll das Laurwegsfeld in offener Bauweise bebaut werden.
April 1930 Gemeinderat: Das zwischen Bismarck-, Blücher-, Friedrich- und Roonstraße liegende große Grundstück (heute Ehrenmal) soll für Bauzwecke erhalten bleiben; der gewünschte Kinderspielplatz kann auf dem brachliegenden Gelände an Langenberg eingerichtet werden
April 1933 Gemeinderatsprotokoll Kohlscheid; WG, 25.04.1933: "Nach den Wünschen des Pg. (Parteigenossen) Gibbels wird der Markt in „Hindenburgplatz”, die Freifläche zwischen Roonstraße und Blücherstraße in eine Platz und Parkanlage umzuwandeln sein, die den Namen „Adolf-Hitler-Platz” tragen soll (heute: Am Ehrenmal), die Südstraße wird von der Roland bis zur Rumpener Straße nun „Horst-Wessel-Straße” heißen (heute: Klosterstraße)".
Die Entwicklung des Gedanken an ein Ehrenmal
23.01.1930 Der Funkoffizier des Luftschiffs „Graf Zeppelin” hält einen Lichtbildervortrag über die Weltfahrt dieses Luftschiffes. Es ist die zehnte Veranstaltung zu Gunsten des Gefallenen-Ehrenmals. Die letzten Veranstaltungen waren nur mäßig besucht. (KL)
Ausschuss Ehrenmal
16.03.1934 In der Zeitung wird das Modell des neuen Kohlscheider Ehrenmals vorgestellt. (WB)
Bau und Finanzierung des Ehrenmals
01.12.1933 Das neue Ehrenmal in Kohlscheid für die 236 Kriegstoten wird ca. 10.000 RM kosten, noch fehlen daran 6.000 RM. KBC und KSV werden eine gemeinsame Mannschaft stellen für ein Spiel zu Gunsten des Ehrenmals. Am Neujahrstag kommt die Alemannia Aachen zum KBC-Platz. Der KBC ist bemüht, für dieses Spiel vom Fußballmeister Fortuna Düsseldorf und vom VfL Benrath die Spieler Kobierski und Rasselnburg zu gewinnen. Der KBC erwartet einem Ehrenpreis des preußischen Ministerpräsidenten Göring. Weil man mit Zuschauermassen rechnet, soll der EBV für einen Tag den Eingang am Ledigenheim freigeben. Große SA-, SS- und Polizeiaufgebote werden den Ordnungsdienst übernehmen. Die ganze Südstraße soll einseitig für Parkplätze freigehalten werden. Transparente weisen auf den Weg zur Kampfbahn Langenberg hin, ganz Kohlscheid wird Flaggenschmuck anlegen. Gibbels hat die Koordination übernommen. In einem Vorspiel treten die Jugendmannschaften des KBC und des KSV gegeneinander an. (Sammlung Sistemich, KoLok 01.12., 08.12., 15.12.1933)
06.11.1934 Bei der Herstellung des Adolf-Hitler-Platzes fanden 60 Personen Arbeit. Hier soll das neue Ehrenmal errichtet werden. Man beabsichtigt, 300 Pappeln anzupflanzen. (WG)
13.06.1941 Die Haushaltslage ist für die Gemeinde im Jahre 1941 ungünstig. Der Anteil der Gemeinde an den Kosten der Reichsverteidigung führt bei einer Ausweitung des Krieges zu einer stärkeren Beanspruchung der Gemeindefinanzen und des Haushaltes. Allein der Kriegsbeitrag beträgt 124.100 Mark, hinzu kommen 50.250 Mark für die Wirtschafts‑ und Ernährungsstelle und den Luftschutz (Instandsetzung, Mauerdurchbrüche, Löschwasserversorgung etc.); die Beteiligung des Staates sieht 12.025 Mark vor. Die Kreisumlage beträgt 126.000 Mark, der Schulstellenbeitrag 66.360 Mark, der Personalaufwand incl. Kriegsaushilfsangestellten, Ernährungs‑ und Wirtschaftsamt, Polizei und soziale Kosten 234.400 Mark. Diese enormen Mittel müssen sichergestellt werden. Größere Projekte sind schon aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich. Rücklagen werden nur noch der Betriebsmittelrücklage, der allgemeinen Ausgleichsrücklage und für die Friedhofserweiterung ausgewiesen. Alle anderen Posten müssen sich mit den anfallenden Zinsen als Rücklagen begnügen. Aufgelöst werden die Rücklage für den Bau eines HJ-Heims (ca. 51.000 Mark) und die Rücklage für den Kindergarten (ca. 15.400 Mark).
Einweihung des Ehrenmals
Die Beilage zum Grundstein finden Sie hier
Bemerkungen zu einigen Personen
Zu Beigeordneten werden durch Zuruf der bisherige Beigeordnete Postmeister Jakob Reinartz und der Kaufmann Peter Jungen (NSDAP) gewählt. Die SPD wird bei der Vergabe der Vorsitze in den Ausschüssen nicht berücksichtigt. (AKo, Gemeinderatsprotokoll Kohlscheid)
01.10.34 Pg. Peter Laven (Adolf-Hitler-Platz 8) ist mit dem heutigen Tage Ortsgruppen-Amtswalter der hiesigen NSV-Ortsgruppe. (WB, 23.10.1934)
knapp 80 Jahre Friedenszeit
23.09.1944 Beschuss und Zwangsevakuierung halten an. Heute ist Klinkheide das Ziel der SA, die ca. 20 Autobusse sind mit Menschen vollstopft. Die Sammelstelle am Ehrenmal in Kohlscheid kann wegen fehlender Busse bis zum Abend nicht geräumt werden, die Leute müssen wieder nach Hause. Nachdem die Zechenalage von Laurweg getroffen wurde, gibt es keinen Strom mehr. (Aretz, Herbst 1944)
31.05.1944 Nach jahrelangem Verbot entfaltet sich heute erstmals wieder die Fronleichnamsprozession. Auf dem Ehrenmalgelände ist der Gottesdienst. Der Orchesterverein übernimmt die musikalische Begleitung der Prozession.
1945 Wegnahme der NS Symbole von der Mauer und Veränderung der Aufschrift von "Euer Tod ist unser Leben" in " Die Toten mahnen Nie wieder Krieg",
1962 Anbringung des Kreuzes auf der linken Seite der Mauer.
Bedeutung heute
Jetzt in 2023 wissen wir, dass es nicht einfach ist, allen das "Kriegspielen" zu untersagen.
Gerade ein Ehrenmal zum Gedenken nicht nur der Kohlscheider Kiegsopfer, sondern aller Opfer der beiden Kriege muss Raum einnehmen.
Unsere Gesellschaft muss sich ein Ehrenmal dieser Prägung leisten können.
Bauhaus und Amsterdamer Schule lassen grüßen
Am Ehrenmal finden wir jedoch fünf Häuser in einer "modernen" Ausführung mit dem für den Bauhaus-Stil typischen Flachdach. Jedes dieser Häuser ist einzigartig. Das Ensemble der fünf Häuser, gemeinsam mit dem Haus Kohlscheider Hof, wird leider viel zu wenig beachtet. Jedes Gestaltungs-Detail und die unterschiedlichen Verklinkerungen läßt an Bauhaus und an die Amsterdamer Schule denken. Es lohnt, jedes Haus einmal persönlich an Ort und Stelle eingehend zu betrachten.
Gab es technische Probleme? Ein heutiger Eigentümer : "Keines meiner Häuser ist so problemlos wie dieses. Einfach und unkompliziert geschnitten und gebaut. Keine besonderen Probleme mit dem Flachdach". Einer der Eigentümer ist Dachdeckermeister. Er bestätigt: "heute ist ein Flachdach kein Problem mehr, aber 1935 arbeitete man nur mit primitiver Dachpappe und da war das nicht so einfach, das ebene Dach trocken und sicher zu bekommen".
Oder waren den Nazis solche Häuser, die an Bauhaus erinnerten, nicht Recht? Immerhin standen sie in der Nähe des gewollten Aufmarschplatzes. Wir haben in keinem Archiv etwas dazu gefunden. Wer kann mit Informationen helfen?
Der letzte Versuch
1965 waren der Blücherplatz und das Ehrenmal dann, was sie immer waren - zwei schöne Freiflächen zum Innehalten und zum Vorbeifahren.
Schlussbetrachtung
Mein Blücherplatz - er ist und bleibt mein wichtigster Platz in Kohlscheid.
Erich Hallmann
Dank
an Josef Aretz für die Sammlung der Daten und Fakten zu Kohlscheid
an die Mitglieder des Arbeitskreises Heimatkunde aus dem Heimatverein Kohlscheid für ihre Erinnerungen und Auskünfte
an die Eigentümer der schönen Häuser, die mir Einblick in Unterlagen und wichtige Informationen gaben.
an
Marianne Schülke, die mit Geduld den Text redigiert hat.
an die Fotografen und Sammler. Sollte ich versehentlich Rechte Dritter an einem Bild übersehen haben, bitte ich um Nachsicht. Bitte setzen Sie sich dann mit mir in Verbindung.
Quellen
- Heimatblätter 6. Jahrgang, 1. Oktober 1936 Heft 4
- Spuren der Vergangenheit, Josef Aretz, Band 4
- Straßenspiegel Heimatverein 1988
- Gemeinde Kohlscheid 1908 bis 1958, Leo Ortmanns, 1958
- Kohlscheid 1971, Herausgeber Gemeinde Kohlscheid
- Berichte über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde - Angelegenheiten der Gemeinde Kohlscheid für das Rechnungsjahr 1911, 1912, 1913, 1914
- Archiv Heimatverein Kohlscheid
- Stadtarchiv Herzogenrath, Bauwesen
Liebe Besucher der Seite,
es war wie immer eine Gemeinschaftsarbeit. Wenn Sie Lust haben, auch an einem Thema mit zu arbeiten, dann freuen wir uns. Nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf.
Unsere Bitte:
Wer hat Bilder oder Informationen zum Ehrenmal, und Blücherplatz etc? Vor allem fehlen Bilder vom Ehrenmal zur Rhododendronblüte und Informationen zum Haus: Am Ehrenmal 11. Bitte kontaktieren Sie uns.
Wenn Sie Anmerkungen zum Bericht haben, schreiben Sie bitte einen Kommentar
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Danke Herr Hallmann,
Es war mal wieder wie bei allen Berichten sehr informationsreich.
Ich freue mich immer wieder auf neue Berichte.
Julien Ringeloth
Hallo Julien, danke für Deine positive Rückmeldung, Erich
Hallo Erich Hallmann,
Ich dachte weil, ich es irgendwann mal gelesen habe, dass alle 3 Monate ein Bericht kommt…
Also das soll micht unhöflich rüber kommen da ich micht immer sehr freue wenn es einen neuen Bericht gibt…
Julien Ringelst
Hallo Julien,
es ist schön für mich zu lesen, dass du auf einen neuen Bericht wartest. Ja, ich strebe einen 3 Monatsintervall oder noch kürzer an. Doch die Zeit läuft mir davon. Für den Fortbestand des Heimatvereins ist viel zu regeln. Wir suchen dringend fähige, unkomplizierte, an Heimatgeschichte interessierte Menschen, die im Vorstand und für Aktionen im Ehrenamt arbeiten. Aber ich arbeite auch an weiteren Geschichten für unsere Seite der Geschichtsfreunde.
Danke für deine Frage. Liebe Grüße Erich