Foto: Sammlung Pfarrarchiv, Pfarre Christus unser Friede
Johann Jacob Michel
Ruth Brauers schreibt über den bedeutenden Geschichtsforscher
Johann Jakob Michel- eine Annäherung
Der Eupener Johann Jakob Michel (1827-1886) war von 1862 an Pfarrer in Kohlscheid. Er selbst kam aus einfachen Verhältnissen und schloss schon bald die Kohlscheider in sein Herz. Pfarrer Michel sah sich nicht als Hochwürden, sondern als Seelsorger. So tat er alles ihm Mögliche, um die Lebensumstände seiner Pfarrkinder zu verbessern. Außerdem organisierte er Vereine, die ein besseres Miteinander ermöglichten und eine sinnvolle Freizeitgestaltung boten. Darüber hinaus holte er die Eupener Schwestern der Klostergemeinschaft der Franziskanerinnen der Heiligen Familie nach Kohlscheid, wo sie in der Pflege und bei der Kinderbetreuung aktiv wurden. Wichtig war ihm vor allem auch Bildung -so sorgte er für die Errichtung der höheren Knabenschule* 1872-, denn Bildung ermöglicht den Menschen Entwicklung, Entfaltung und Selbstbewusstsein. Sie ist die Grundlage dafür, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen und zu gestalten. Wer seine Zukunft und Gegenwart gestalten will, muss allerdings auch seine Vergangenheit kennen, um Traditionen und Werte zu verstehen und richtig bewerten zu können. So galt Pfarrer Michels erstes Interesse der Erforschung des Kohlebergbaus. Kohle war der Stoff, der jedem Scheidter vertraut war, es war der Stoff, der über den Kohlepfennig (Karrengeld) das neue Gotteshaus finanziert und erbaut hatte. Seine Forschungen brachten die Erkenntnis, dass das Aachener Revier das älteste nachgewiesene Bergbaugebiet Europas ist, wie aus den Annales Rodenses (den Aufzeichnungen des Klosters Rolduc) hervorgeht. Er veröffentlichte sein Wissen darüber 1878-1879 in der Vereinszeitung „Kohlegids“, die auch als erste Kohlscheider Zeitung gilt.
Doch damit nicht genug. Er wollte auch die politischen und gesellschaftlichen Geschehnisse dokumentieren. Der Zugang zu (Adels-)Archiven wurde ihm als „Hochwürden“ gerne gewährt und so war er in der Lage, viele politische Verwicklungen rund um Haus Heyden ans Licht zu bringen. Er verschwieg nicht die sozialen Missstände, die zum Entstehen der Bockreiter führten, auch Traditionen und das Mai-Lied schrieb er nieder. Wegen des Kulturkampfes (1871-1878) war es ihm als katholischem Geistlichen verboten, sich politisch zu äußern. So wählte er von 1873 bis 1878 das Mittel historischer Anekdoten am unteren Blattrand der Aachener Tageszeitung „Echo der Gegenwart“ (Feuilleton), um seine erworbenen Ein- und Ansichten unter einem Pseudonym einem breiteren Publikum vorzustellen.
Veröffentlichungen im Echo der Gegenwart:
Zur Geschichte der Kohlenbergwerke im Wurmrevier; 1873, 126-131
Hier wird das Wurmrevier als die Gegend mit dem ältesten Bergbau auf dem Kontinent beschrieben.
Haus Uersfeld und sein Anhang vom Jahre 1585 bis 1648; 1874, 105-113
Der Artikel befasst sich mit der Rivalität des Hauses Heyden zu Uersfeld. Es werden mehrere Fehden dokumentiert und auch über alte Bräuche und Lieder wird berichtet.
Schönau, das sogenannte Sonnenlehen, 1875, 181-189
Hier geht es um Raubritter, Entführungen und Politik, die die Beziehungen zwischen Schönau und Haus Heyden prägten, sowie um das Schöffengericht Bank.
Der Anfall der Bockreiter auf das Nonnenkloster zu Eupen, 1876, 290 (?)
Eine kurze Anekdote zu einem mißglückten Überfall, einer wagemutigen Nonne und einem Indizienprozeß.
Christian von Rynckberg und seine Spießgesellen, 1877, 215-220
Der Wandel vom Ritter zum Herrn von Haus Heyden im 14. Jahrhundert
Amt und Burg Wilhelmstein an der Wurm, 1878, 115-122
Ein Abriß der Geschichte vom 13. Jahrhundert bis zur französischen Revolution mit der Zugehörigkeit zu Jülich.
Als geschichtlich interessierter Mensch wurde er 1879 dann auch folgerichtig zum Mitbegründer des Aachener Geschichtsvereins, wo er die historischen Anekdoten aus der Zeitung zu wissenschaftlichen Artikeln mit Quellenangaben aufarbeitete.
Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins
(ZAachenerGV = ZAGV) Bd. 1, 1897 – Bd. 110, 2008
In Band 1 von 1879 ist Johann Jakob Michel auf Seite 24 auch als Gründungsmitglied vermerkt.
Johann Jakob MICHEL, Herzogenrath. Hauptort der sogenannten freien Herrlichkeit gleichen Namens, in: ZAachenerGV 1, 1879, S. 111-119
Johann Jakob MICHEL, Herzogenrath. Hauptort der sogenannten freien Herrlichkeit gleichen Namens, in: ZAachenerGV 2, 1880, S. 307-324
Johann Jakob MICHEL, Bardenberg, in: ZAachenerGV 3, 1881, S. 174-178
Johann Jakob MICHEL, Die Bockreiter im Lande Herzogenrath, in: ZAachenerGV 4, 1882, S. 21-90
Johann Jakob MICHEL, Die jülichsche Unterherrschaft Heiden, in: ZAachenerGV 5, 1883, S. 241-264
Johann Jakob MICHEL, Die Aachener Wetterhörner, in: ZAachenerGV 6, 1884, S. 246-248
Johann Jakob MICHEL, Beiträge zur Geschichte der Stadt Eupen, in: ZAachenerGV 7, 1885, S. 105-124
Johann Jakob Michel - Sein Vermächtnis für unsere Zeit
Pfarrer Michel war ein sozialpolitisch engagierter Seelsorger aus ganzem Herzen, er war bei den einfachen Menschen zuhause und hatte hier im Scheidt seine 2. Heimat gefunden. Ein Dichter war er nicht, aber ein Lokalhistoriker von herausragendem Rang. Lassen wir ihn zum Schluss noch einmal selbst zu Wort kommen. Er schreibt über seine Arbeitsweise und seinen Antrieb:
„was ich während mehrerer Jahre in meinen Berufsgeschäften an freier Zeit erübrigen konnte, ist auf Gewinnung und Sichtung des Quellenmaterials für Ausarbeitung der nachstehenden Blätter verwendet worden. Dabei standen mir so zu sagen fast gar keine Vorarbeiten zu Gebote, und ich habe daher das meiste in mühsamer Weise für meinen Zweck gewinnen und zusammentragen müssen. Bei diesem Unternehmen ging meine Hauptabsicht dahin, das Wenige, welches von dem vielen Verlorengegangenen noch übrig geblieben ist, vor dem gänzlichen Untergange zu schützen, indem ich es in geordneter Aufeinanderfolge als ein Ganzes dem Publikum darzubieten suchte.“ (Aus dem Vorwort seines Buches)
Ruth Brauers
Den ausführlichen Artikel zu J.J. Michel, den Frau Brauers für den
Ausstellungskatalog zum 150. Kirchweihfest St. Katharina 2018
geschrieben hat, finden Sie hier
Über die Autorin
Ruth Brauers hat sich intensiv mit dem Werk und Wirken von J.J. Michel beschäftigt. Für alle Geschichtsfreunde arbeitete sie die für Kohlscheid wichtigen Aufsätze von Michel lesefähig auf. Seit vielen Jahren befasst sie sich mit alten Akten und von Behörden und Pfarren geführten Büchern.
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